„Es macht Sinn, Bäuerin zu sein“
„Motivierend und bereichernd“: Marianne Jop aus Südkärnten war Bankangestellte und ist nun Rinderzüchterin. Sie schildert, wie der ZAMm-Lehrgang ihren Beruf und Alltag beeinflusst hat.
Für die unüberhörbare, fröhlich stimmende Begrüßung sorgen zwölf schneeweiße Gänse, die sofort schnatternd zum Zaun kommen, wenn sie einen Besuch sehen. Mitten im Grün mit Säulenpappeln und Nussbaum haben sie einen Teich, in dem Fische schwimmen. Hühner unterschiedlicher Rassen, 20 Fleckviehkühe und ein Charolais-Stier gehören zur bunten Vielfalt am Schurnig-Hof im zweisprachigen Ort Hof/Dvor in der Gemeinde Feistritz ob Bleiburg. Dass die Idylle rund um den 200 Jahre alten, liebevoll restaurierten Hof mit Blick auf Dorfkirche und Karawanken täglich erarbeitet werden muss, wird klar, wenn man Bäuerin Marianne Jop kennenlernt. Die dreifache Mutter, Bildungsreferentin und Bezirkssprecherin der Landwirtschaftskammer, die 2021 den ZAM-Zertifikatslehrgang „Professionelle Vertretungsarbeit im ländlichen Raum“ absolviert hat, erzählt mit Begeisterung und Tatendrang von ihren Aufgaben in der Gemeinde und auf dem Bio-Betrieb, der 2007 von Milchvieh auf Mutterkuhhaltung umgestellt wurde. Die Reinzucht-Kälber mit Fleckvieh-Eltern bleiben für die Nachzucht am Hof, Kälber mit Charolais-Vater werden als Bio-Einsteller verkauft.
Wichtig sei die tägliche Beobachtung der Mutterkühe, die gemeinsam mit dem Stier „friedlich zusammenleben“, im Sommer auf der Weide sind und ab Herbst Heu, Silage und eine tägliche Ration Schrot aus Getreide, das in Fruchtfolge am Hof angebaut und gemahlen wird, als Futter erhalten. „Ich schaue jeden Tag, ob etwas auffällig ist, ob sich eine Kuh absondert oder nicht fressen will“. Der Tierarzt müsse früh genug gerufen werden. In den Umgang mit den Rindern ist die Quereinsteigerin, die 2009 der Liebe wegen auf den Hof kam und bis zum ersten Kind in der Kreditabteilung einer Bank gearbeitet hatte, „hineingewachsen“. Mit Offenheit für Neues sei das nicht schwer gewesen, sagt Marianne Jop, die es sehr schade gefunden hätte, wenn man die Bewirtschaftung des schönen, bestehenden Hofes mit den Tieren aufgeben hätte müssen. „Es war keine schwere Entscheidung, Bäuerin zu werden“. Sie übernahm die administrativen und bürokratischen Agenden inklusive Buchhaltung, ÖPUL-Anträge und Rechnungen für die jährlichen Bio-Kontrollen, wobei ihr die HAK-Ausbildung zugutekam, ihr Mann Alexander übt seinen Beruf als Zimmermann nebenbei aus. Das Zusammenspiel funktioniere auch gut mit den ebenfalls am Hof lebenden Schwiegereltern, die es ihr erleichtert haben, den ZAMm-Lehrgang zu besuchen, freut sich die lernwillige Bäuerin, die sich durch Kurse laufend weiterbildet.
Bewusstseinsbildung ist ihre Mission. Sie begeistert Kinder, indem sie ihnen durch einen Blick hinter die Kulissen bäuerlicher Betriebe Erlebnisse bietet und sie beim Apfelpressen oder Brotbacken Hand anlegen lässt. Für Erwachsene organisiert sie Ausflüge mit Betriebsbesichtigungen. „Der Bezug zur Landwirtschaft darf nicht verloren gehen, Wertschätzung bäuerlicher Arbeit und Produkte muss gefördert werden“. Noch mehr Rüstzeug für ihre publikumswirksamen Tätigkeiten konnte sie im ZAMm-Lehrgang, der fünf Module und einen Besuch in Wien oder Brüssel beinhaltet, erwerben. Das Ziel, ihre Kompetenzen zu erweitern, habe sie erreicht, resümiert sie. „Es war sehr interessant“. So verlor sie ihre Scheu vor Kamera und Mikrophon, was sie bei TV-Interviews oder auf der Bühne beim Bundesbäuerinnentag 2024 in Villach unter Beweis stellen konnte. Im Modul Agrarpolitik wurden ihr durch Vermittlung vieler Hintergründe die Schwierigkeiten einer Interessensvertretung verdeutlicht. „Man versteht die zweite Seite und blickt über den Tellerrand hinaus, begreift leichter, wie Politik und Preise gemacht werden oder wie Lobbying funktioniert“. Es sei entwicklungsfördernd gewesen, Dinge aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten und manchmal umzudenken.
„Wir haben im Lehrgang sehr viel voneinander gelernt und Problembewältigungsstrategien erfahren“. Im Umgang mit Menschen sei sie sicherer geworden und könne Vernetzung noch besser für ihre Ziele einsetzen, versichert die Schriftführerin der örtlichen Trachtengruppe, die aus vielen Gesprächen Motivation für ihren Alltag mitgenommen und „Lust auf mehr“ bekommen hat. Sie sei nun noch mehr davon überzeugt, dass ihre Tätigkeit als Bäuerin Sinn mache. „Ich bin sehr froh und auch stolz, dass ich in meinem Bereich an der Entwicklung des ländlichen Lebens und am Weiterbestand der Landwirtschaft mitwirken kann“, betont die ZAM-Absolventin, die den Lehrgang mit den Adjektiven „bewusstseinserweiternd, spannend, informativ, motivierend und bereichernd“ beschreibt. „Ich würde ihn nicht missen wollen“.
Die Kampagne „Bäuerin sein – vielseitig in der Verantwortung, unersetzlich im Wandel“ zeigt, wie vielseitig und wichtig Bäuerinnen in der Landwirtschaft sind. Unter dem Motto „ZAMm unterwegs“ wird deutlich, wie Frauen in der Landwirtschaft mit anpacken, Verantwortung übernehmen und bei wichtigen Entscheidungen mitreden. Gerade in Zeiten von großen Veränderungen wie Klimawandel und neuen Anforderungen sind sie unverzichtbar. Die Kampagne möchte das Engagement von Bäuerinnen sichtbar machen, ihre Arbeit wertschätzen und zeigen, wie sie Tradition und Zukunft verbinden.
EU-Bund-Länder-kofinanziert: „Mit Unterstützung von Bund, Ländern und Europäischer Union.“